Schleusenmanöver - So funktioniert's mit Sicherheit
12.10.2021
Das erste Mal Schleusen - für viele Skipper gleich in doppelter Hinsicht eine echte Berg- und Talfahrt. Damit alles klappt und nichts passiert, haben wir für Sie die wichtigsten Regeln sowie hilfreiche Tipps einfach erklärt zusammengetragen.
Reinfahren, anlegen, rausfahren – klingt eigentlich simpel. Und doch sind Schleusenmanöver selbst für erfahrene Skipper immer wieder aufregend. Dabei funktioniert jeder Schleusenvorgang vom Grundprinzip her gleich. Wer sich also von vornherein an die sicherheitsrelevanten Regeln hält, kann anfängliches Unbehagen alsbald über Bord werfen.
DIE RICHTIGE VORBEREITUNG IST DAS A UND O
Lange vor den Schleusentoren wartet die sorgfältige Törn-Planung. Im Rahmen dieser sollte auch eine gründliche Recherche über die zu passierenden Schleusenanlagen erfolgen:
- Wie sind die Betriebszeiten?
- Wie erreiche ich den Schleusenwärter?
- Bestehen womöglich feste Schleusensperrungen?
- Ist eine Anmeldung erforderlich?
Detaillierte und tagesaktuelle Auskunft hierüber gibt z. B. die Internetseite der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), www.elwis.de. Aber auch Revierzentralen und entsprechende Bordliteratur stellen eine verlässliche Informationsquelle dar. Almanache, Seekarten sowie Binnenhandbücher empfiehlt es bereits im Vorwege zu lesen und während der Reise mit an Bord zu führen.
IM SCHLEUSENBEREICH GELTEN GRUNDSÄTZLICH FOLGENDE VORSCHRIFTEN:
- Fahren ist nur mit mäßiger Geschwindigkeit erlaubt
- Überholen und Vordrängeln ist verboten (es sei denn, kleineren Booten, die noch in die Schleusenkammer passen, wird nach Absprache der Vortritt gelassen oder das Schleusenpersonal verlangt es so)
- Die Berufsschifffahrt hat – unabhängig von der Fahrzeuggröße – stets Vorfahrt
- Den Anweisungen des Schleusenpersonals ist Folge zu leisten
Auf einigen Berufsschifffahrtsstraßen ist zudem eine Anmeldung bei der Schleusenaufsicht erforderlich. Diese hat per Handy oder UKW-Funk meist wenige Minuten vor Ankunft im Vorhafen zu erfolgen. Entsprechende Telefonnummern und Funkkanäle finden sich in der revierspezifischen Bordliteratur, Tafelzeichen am Ufer verraten diese im Zweifel aber ebenfalls. In reinen Sportbootrevieren wiederum wird eine Anmeldung erfahrungsgemäß selten verlangt und falls doch, werden Sie spätestens im Schleusenvorhafen durch Tafelzeichen darauf hingewiesen.
DER SCHLEUSENBEREICH
Nähern Sie sich mit Ihrem Schiff einem Schleusenbereich, sollte die Fahrt verlangsamt und die in Sicht befindlichen Lichtsignale aufmerksam studiert werden. Auf Berufsschifffahr tsstraßen kann die Schleuseneinfahrt für Sport- und Kleinfahrzeuge durch Lichtsignale nämlich besonders geregelt sein.
Entweder finden sich diese zusammen mit den Signallichtern für die Großschifffahrt oder an eigens für Klein- und Sportfahrzeuge ausgewiesenen Wartestellen. Während zwei feste grüne Lichter nebeneinander die Einfahrt in die Schleusenkammer erlauben (Achtung: im Nord-Ostsee-Kanal gelten andere Schleusensignale), verlangen ein festes rotes Licht bzw. zwei feste rote Lichter nebeneinander noch etwas Geduld. Die Einfahrt ist in diesem Fall verboten und die Schleuse geschlossen.
Erst das Erlöschen eines der beiden nebeneinander gezeigten roten Lichter bzw. ein festes rotes und ein festes grünes Licht nebeneinander oder übereinander bedeuten, dass sich die Öffnung der Schleuse in Vorbereitung befindet. Solange heißt es, bis zur Freigabe durch ein festes grünes Licht oder zwei feste grüne Lichter nebeneinander, an der ausgewiesenen Wartestelle festzumachen.
DIE WARTESTELLE
Wartestellen im Schleusenvorhafen sind entsprechend ausgeschildert und dienen meist nur dem temporären Aufenthalt. Wer nicht schleusen will, darf hier also nur stillliegen, wenn es allgemein zugelassen oder von der Schleusenaufsicht im Einzelfall erlaubt ist. In der Hauptsaison kann es vor Schleusenanlagen zu War tezeiten von mehreren Stunden kommen, was wiederum bei der Törn-Planung einkalkuliert werden sollte. Statt ungeduldig Kreise zu drehen ist es ratsam, den zeitlichen Puffer für die ordentliche Vorbereitung auf den Schleusenvorgang zu nutzen. Unser Tipp: Schleusen bedeutet Teamarbeit und gute Seemannschaft implizier t die Berücksichtigung aller Eventualitäten. Wir empfehlen, die Aufgaben jedes Mitglieds an Bord vorab gut zu verteilen und beide Schiffsseiten für ein mögliches Anlegemanöver in der Schleusenkammer klarzumachen. Mehr Aufwand im ersten Moment erspart unnötigen Stress im nächsten, wenn die Entscheidung des Schleusenwärters nämlich urplötzlich auf die andere Schleusenseite fällt oder Ihnen ein anderes Schiff im letzten Augenblick den Platz wegschnappt.
EINFAHRT IN DIE SCHLEUSENKAMMER
Kommt es zu einer gemeinsamen Schleusung von Sportbooten und der Berufsschifffahr t, fähr t diese in der Regel als erstes ein und Sie müssen noch etwas Geduld mitbringen. Erst, wenn die Schleusenlichter für Klein- und Sportboote Grün leuchten (im Nord- Ostsee-Kanal erscheint stattdessen ein unterbrochenes weißes Licht), dürfen Sie Ihren Warteplatz verlassen und ebenfalls in die Kammer einfahren. Unser Tipp: Das eigene Schiff sollte möglichst erst dann in Bewegung gesetzt werden, wenn der letzte eingefahrene Frachter kein Schraubenwasser mehr macht. Bleiben Sie hart, auch wenn der Schleusenmeister Hektik verbreitet!
Ein Sportboot bei Schraubenwasser gleicht einem Spielball im Whirlpool und etwas mehr Geduld erspart unnötiges Risiko. Sofern vom Schleusenwärter über Lautsprecher oder Funk nichts weiter bekannt gegeben wird, können Sportboote frei auswählen, an welcher Seite der Schleuse sie festmachen. Liegt bereits ein Frachter in der Schleuse, fahren Sie an ihm vorbei und machen Sie wenn möglich davor an der gegenüberliegenden Seite der Schleusenkammer fest. Bei der Einfahr t in die Schleuse sind Drängel- und Überholmanöver übrigens strengstens verboten. Halten Sie sich an die Reihenfolge der mitschleusenden Sportboote und vor allem, halten Sie gebührend Abstand zur Berufsschifffahr t! Viel zu oft fahren Sportboote zu dicht an die großen Seeschiffe heran und unterschätzen dabei die großen hydrodynamischen Kräfte, die auch in der Schleusenkammer noch wirken können. Aufgrund ihrer Bauart können einige Berufsschiffe das Schraubenwasser in der Schleuse gar nicht abstellen und legen dann auch noch etwas Ruder, so dass sie zur Schleusenwand hingedrückt werden. Eine nicht zu unterschätzende Querströmung kann dabei auf Höhe des Frachter-Propellers entstehen.
Unser Tipp: Wir raten, während des gesamten Schleusenvorgangs eine Rettungsweste zu tragen und alle Crewmitglieder an Bord darauf hinzuweisen, wenn das Schraubenwasser durchquert wird. Und passieren Sie diese Querströmung möglichst nicht zu langsam, denn nur mit ordentlicher Fahrt wirken Ausgleichsbewegungen am Ruder.
SELBSTBEDIENUNGSSCHLEUSEN
Immer mehr Schleusen in reinen Sportbootrevieren werden auf fernüberwachten, (fast-) automatischen Selbstbedienungsbetrieb umgerüstet. Wer regelmäßig auf Mecklenburgischen und Brandenburgischen Gewässern unterwegs ist, wird diese Form des Schleusens kennen. Fernüberwacht bedeutet, dass das Schleusenpersonal während der Betriebszeiten nicht vor Ort, sondern nur per Rufanlage erreichbar ist. Der Schleusvorgang funktioniert vom Prinzip her aber gleich wie jeder andere, nur, dass die Schleusung von Ihnen als Skipper selber eingeleitet wird und Sie auf einem Display dann menügeführt werden. In Bremen finden Sie beispielsweise einen großen Knopf, der unkompliziert vom Boot aus betätigt werden kann. Da gleichzeitig auf die Leinenführung geachtet werden soll ist es hier von Vorteil, wenn Sie nicht alleine unterwegs sind.
Wichtig: Betätigen Sie den Schalter erst, wenn alle am Schleusenvorgang beteiligten Schiffe ebenfalls star tklar sind und dies signalisieren.
Unser Tipp: Die Einfahrt in die Schleusenkammer ist ein aufregender Moment. Konzentrieren Sie sich dennoch nicht nur darauf, wie Sie festmachen, sondern auch wo. Beschilderungen markieren in den Schleusenkammern die Haltebereiche und Halteverbotszonen. Drempel- Markierungen an der Schleusenmauer deuten zum Beispiel auf das Ende der nutzbaren Fläche hin. Sie dürfen beim Einfahren und beim Anlegemanöver nicht überschritten werden, da bei einer Talschleusung ansonsten die Gefahr besteht, dass Ihr Schiff auf dem Oberdrempel aufsetzt. Kratzspuren an den Schleusenmauern sind häufig stille Zeugen Grundsätzlich sollten Sie immer so weit wie möglich in der Kammer nach vorne fahren und dort erst festmachen. Dies ermöglicht anderen Skippern, die später hinzukommen, den Platz dahinter einzunehmen. Sog. Päckchenbildung ist in der Schleuse erlaubt, Wendemanöver hingegen nicht.
DAS ANLEGEMANÖVER
Die Gegebenheiten in der Schleusenkammer können sehr unterschiedlich sein. Während moderne Schleusenwände oft eine glatte Oberfläche aus Beton oder ein stählernes Spundprofil aufweisen, sind ältere Schleusenkammern teilweise noch mit Ziegel verbaut. Achten Sie beim Anlegen unbedingt auf ausreichenden Abstand zur häufig stark verschmutzten Schleusenwand. Der Einsatz möglichst großer Fender, wie zum Beispiel Kugelfender, kann unnötige Beschädigungen des Schiffsrumpfes durch herausragende Haken oder durch sonstige, leicht übersehbare Unebenheiten verhindern.
Unser Tipp: Die Wände der Schleusenkammer sind meist voller Schmutz und Schlick. Wir empfehlen daher das Tragen von Arbeitshandschuhen, um beim Schleusen einen festen Griff zu bewahren. Neben der Wandbeschaffenheit variieren auch die Festmach-Optionen von Schleuse zu Schleuse. In Abbildung 2 haben wir für Sie eine Übersicht der gängigsten Varianten sowie deren Vor-und Nachteile in Punkto Leinenführung erstellt.
LEINENFÜHRUNG
Die optimale Leinenführung hängt von der Größe Ihres Schiffes, von der Bewegung im Wasser und von der Personenanzahl an Bord ab. Grundsätzlich bieten Vor- und Achterleine sowie Achterspring an den jeweiligen Befestigungspunkten den bestmöglichen Schutz vor spontan auftretenden Verwirbelungen im Schleusenbecken. Da Leinen beim Schleusen jedoch stets auf Slip geführt und niemals festgemacht werden, sollte jede Leine während des Schleusenvorgangs auch durch ein Crewmitglied besetzt sein.
Beim Einhand-Schleusen geht diese Rechnung natürlich nicht auf, denn wer sich alleine an Bord befindet, kann unter normalen Umständen maximal eine Leine mittschiffs bedienen. Ein solches Schleusenmanöver mit Mittelklampe und einer Leine kann funktionieren, sollte aber nur dann durchgeführt werden, wenn ohne die Berufsschifffahrt geschleust wird. Schleusenhaken, mit denen man sich zum Beispiel in einer Leiter einhaken kann, können übrigens sehr praktisch sein. Der Einsatz von Boots- oder Peekhaken hingegen eignet sich – auch wenn in der Praxis häufig anzutreffen – eigentlich nur für das Überlegen einer Leine über einen Poller oder für das Festhalten kleinerer Boote, nicht aber als Leinenersatz. Spätestens wenn der Schleusenvorgang startet und Ihr Schiff durch die Strömung zu tanzen beginnt, werden Sie dies bei zu viel Kraft Ihres Bootes in den Armen schmerzlich feststellen.
DER EIGENTLICHE SCHLEUSVORGANG
Tendenziell ist die Schleusung zu Tal der angenehmere Vorgang. Das Boot ist hierbei weniger Strudel und Strömungen ausgesetzt und die Festmacherleinen können, vorausgesetzt die Fallhöhe ist nicht allzu groß und die Leine lang genug, bequem oben an einem Poller liegen bleiben und müssen nur auf Slip nachgefiert, jedoch nicht umgelegt werden. Am Ende des Schleusenvorgangs wird das Leinenende dann einfach abgezogen. Die Bergschleusung wiederum ist schon etwas mehr mit Vorsicht zu genießen. Die Herausforderung besteht hier eigentlich darin, die Leinen stets rechtzeitig an einen höheren Punkt an der Kammerwand umzulegen. Rechtzeitig bedeutet, noch bevor der Poller mit der Leine unter der Wasseroberfläche verschwindet. Achtung: Auch auf Slip kann sich eine Leine unerwartet verhaken! Sollte dies passieren, gilt es unverzüglich auf die eigene Lage aufmerksam zu machen.
Unser Tipp: Beweisen Sie gute Seemannschaft und behalten Sie auch alle anderen Fahrzeuge um sich herum im Blick. So können Sie einer anderen Crew bei Schwierigkeiten schneller Unterstützung leisten.
AUSFAHRT
Wenn der Schleusvorgang zu Ende ist, dauert es nicht mehr lange und Sie dürfen aus der Kammer ausfahren. Doch auch wenn das „Signallicht „Grün“ erscheint, empfehlen wir weiter achtsam zu bleiben und die geltenden Vorschriften in Erinnerung zu rufen. Da auch jetzt die Berufsschifffahr t als erstes fahren darf (in reinen Sportbootschleusen wird Kanuten und Kajakfahrern wiederum meist der Vortritt gelassen) und die Kammer durch das Schraubenwasser schnell zur Wildwasserbahn werden kann, sollten Sie Ihren Platz vorerst nicht verlassen. Starten Sie den Motor auch erst dann, wenn das Tor der Schleuse geöffnet wird, um sich in der Kammer stauende Abgase zu vermeiden. Warten Sie dann, bis die Fahr t vor Ihnen frei ist. Zuletzt heißt es eigentlich nur noch loszumachen, die Leinen und Fender zu verstauen, durchzuatmen und stolz zu sein, dass alles reibungslos geklappt hat.