Fünf Reviertipps abseits der Platzhirsche
Bootsurlaub boomt. In den bekannten Revieren für Segler und Motorbootfahrer sind die Häfen voll und das Gedränge ist groß. Kein Wunder, denn immer mehr Menschen möchten ihre Freizeit auf dem Wasser verbringen. Wer jetzt in der Flensburger Förde oder rund Rügen, auf der Müritz, der Friesischen Seenplatte oder auf Mallorca nach einem freien Liegeplatz fragt, bekommt fast immer die Antwort, die man rund um die Alpenseen schon längst kennt: Alles ausgebucht!
Was also tun? Unser Vorschlag: die Blickrichtung ändern und auf Reviere in der zweiten Reihe schauen. Klar, auch hier spült der Trend Urlauber und Bootsbesitzer in die Häfen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dem ganz großen Trubel zu entkommen, ist deutlich größer. Und versprochen: Die folgenden fünf Reviervorschläge sind alles, nur keine zweitklassigen Lückenfüller. Aber pssst, nicht weitersagen!
Der vergessene Ostseeschatz:
Wismarer Bucht mit Insel Poel und Salzhaff
Kennen Sie Langenwerder, Ellenbogen, Wohlenberger Wiek oder Boiensdorfer Werder? Nein? Dann sollten Sie diese Inseln, Halbinseln und lagunenartigen Buchten rund um die Wismarer Bucht unbedingt einmal ansteuern. Zusammen mit der Insel Poel, der alten Hansestadt Wismar, dem Salzhaff rund um die Halbinsel Wustrow und den nahen Badeorten Boltenhagen, Timmendorf und Hohen Wieschendorf ist dieses Mikrorevier eine wenig beachtete Schatzkiste entlang der deutschen Ostseeküste.
Dabei stecken die 15 Seemeilen voller Abwechslung und Gegensätze: In der 5-Sterne Marina von Boltenhagen können Sie auf der Terrasse des FineArt-Restaurants mit Blick auf Ihre Yacht ein Zanderfilet genießen. Ganz anders im familiären Rerik: Hier beobachten Sie aus dem Cockpit heraus die hemdsärmeligen Fischer beim Trocknen ihrer Netze. Pflicht in diesem Revier ist auf jeden Fall Wismar mit seinen Liegeplätzen mitten im Zentrum. Das gotische Wassertor, die Backsteinkirchen, Kaufmannshäuser und Kopfsteinpflastergassen haben dem Stadtkern den Titel UNESCO-Weltkulturerbe eingebracht.
Die insgesamt sechs Hafenorte dieses Mikroreviers sind aber längst nicht alles. Wer Ruhe und Einsamkeit sucht, steuert einfach einen der vielen Ankerplätze an, zum Beispiel den neben der Halbinsel Boiensdorfer Werder. Hier können Sie mit etwas Glück sogar Seeadler, Kormorane und Graugänse beobachten. Aber Vorsicht: Auf den meisten Streckenabschnitten müssen Sie die zahlreichen Findlinge, Untiefen, Stellnetze, Reusen, Steinfelder und Inseln umschiffen.
Der Amazonas des Nordens:
Peenestrom, Achterwasser & Co.
Zugegeben: Die urwaldähnlichen, üppig grünen Uferzonen und breiten Überflutungsmoore beginnen da, wo die Schiffbarkeit der Peene endet. Trotzdem: Auch auf den wenigen Kilometern Richtung Anklam ziehen bereits sumpfige Schilflandschaften vorbei, und schon hier kann man mit etwas Glück Biber, Fischotter & Co in freier Wildbahn beobachten. Das eigentliche Revier aber ist der schiffbare Peenestrom, der die offene Ostsee über den Greifswalder Bodden mit dem Stettiner Haff verbindet.
Das Gewässer ist eines der fischreichsten Deutschlands und damit auch das Revier der Seeadler, Reiher und Kormorane. Knapp 40 Seemeilen lang schlängelt sich das Gewässer zwischen dem Festland von Mecklenburg- Vorpommern und der Insel Usedom hindurch bis zur polnischen Grenze. Neben dem schmalen Peenestrom (das Fahrwasser hat eine Solltiefe von zweieinhalb Metern) gibt es weite Ausbuchtungen, die Achterwasser, Krumminer Wiek oder Kleines Haff heißen. Hier verstecken sich verträumte Ankerplätze zwischen Steilufern und Schilfgürteln. Unter den zwei Dutzend Häfen, Anlegestellen und Wasserwanderrastplätzen gibt es große und moderne Marinas wie die in Kröslin und auch kleine Anleger. Diese – Zempin oder Netzelkow zum Beispiel – liegen oft in herrlich einsamer Natur. Abwechslung bieten dagegen die kleine Hansestadt Wolgast und Ortschaften wie Feest, Lassan und das Städtchen Usedom.
Bei aller Idylle hier trotzdem zwei Warnungen: Wer das Fahrwasser an einer falschen Stelle verlässt, steckt schnell fest im sumpfigen Boden. Außerdem treten je nach Windrichtung Strömungen mit bis zu zwei Knoten in beide Richtungen auf.
Das kleinste Meer der Niederlande:
Lauwersmeer
Die Niederlande sind bekannt für ihre Nordseeinseln, das Wattenmeer, Ijssel- und Markermeer und ihre Friesische Seenplatte. Manche kennen auch die Gewässer in Südholland oder die Randmeere. Aber was, bitte schön, ist das Lauwersmeer? Um es kurz zu machen: Das Lauwersmeer ist so etwas wie die Miniaturausgabe des Ijsselmeers.
Beide sind durch einen Abschlussdeich von den Gezeiten der Nordsee getrennt, und beide können (auch mit stehendem Mast) sowohl von der Nordsee, als auch von dem verzweigten Netz der Binnengewässer aus erreicht werden. Nur: Das Lauwersmeer ganz im Nordwesten des Landes ist mit seiner Ausdehnung von etwa fünf mal drei Seemeilen vergleichsweise winzig. Die Möglichkeiten aber sind trotzdem riesig: Sechs Häfen, mehrere Anlegestellen in unberührter Natur und Ankermöglichkeiten vor Inseln und einsamen Schilffeldern sorgen für herrlich entspannte Urlaubstage (auch für Eigner von Kielyachten). Dazu liegt vor der Schleuse das Wattenmeer mit der Insel Schiermonnikoog, und über die Wasserstraßen (die Teil der berühmten Staande Mastroute sind) kommen Sie im Handumdrehen zu schmucken und lebhaften Orten wie Dokkum oder Leeuwarden.
Wer dann weiterfährt – an Hebebrücken, Kuhweiden, Feldern, Anlegestellen, Schleusen und historischen Ortschaften vorbei – landet nach einer Tagesetappe in einem anderen wunderschönen Revier: im Ijsselmeer.
Raus aus Berlin, rein ins Grüne:
Von der Dahmer-Wasserstraße bis zum Scharmützelsee
Benötigte die künstlerische Bohème der Weimarer Republik aus den Berliner 20er Jahren mal eine Auszeit im Grünen, war der Kurort Bad Saarow am Scharmützelsee ein beliebtes Ziel. Für die Bootsfahrer von heute ist der See eine Endstation, die reich verzweigten Gewässer im Berliner Süden finden hier ihre Sackgasse.
Vielleicht ist das ein Grund für die Hoffnung, dass hier die Einsamkeit regiert?
Nun ja, eines ist klar: Die 50 Kilometer von Königs Wusterhausen bis zum Scharmützelsee könnten idyllischer nicht sein, auch das hat sich herumgesprochen. Auf dem Weg dorthin schippern wir durch die Seen der Dahme-Wasserstraße, die Krimnicksee, Krüpelsee oder Dolgensee heißen, anschließend durch die der Storkower Gewässer.
Rechts und links gleiten dichte Kiefernwälder vorüber, breite Schilfgürtel und ausgedehnte Seerosenfelder. Wer einen Abstecher in die Sumpf- und Moorlandschaft von Teupitz machen möchte, durchfährt zusätzlich die zehn Seen der Teupitzer Gewässer.
Überall finden sich Gasthäuser mit Anlegestellen, die am Abend frischen Wels und Zander servieren oder den frischen Fisch aus dem Räucherofen. Ortschaften, Häfen und Marinas bieten Liegeplätze, Abwechslung und Infrastruktur, ganz am Ende der Reise liegt er dann da: der Scharmützelsee, umgeben von ganz viel Wald, Wasser und Wiesen. Elf Kilometer lang ist er, in der Mitte finden sich zwei Inseln, an den Ufern ducken sich Anleger, Dörfer und der besagte Kurort Bad Saarow ins Grün. Theodor Fontane, der berühmte Sohn Brandenburgs, hat dem See auf einem Spaziergang seinen ganz eigenen Namen gegeben: Märkisches Meer.
Im Schatten der Giganten
Slowenien
Segeln in Slowenien? Nie gehört. Auch Urlaubserlebnisse von Motorbootfahrern handeln so gut wie nie von dem kleinen Balkanstaat. Kein Wunder, spielen in diesen Erzählungen doch immer die beiden Nachbarstaaten Italien und Kroatien die Hauptrolle. Viel mehr als ein Nadelöhr haben diese beiden Länder ihrem Nachbarn als Zugang zum Meer nicht gegönnt.
Der Küstenstreifen Sloweniens, den die Einheimischen liebevoll Slowenische Riviera nennen, ist gerade mal 47 Kilometer lang. Aber: Erstens ist man von hier aus im Handumdrehen in den Lagunen von Venedig und Grado, den schmucken Küstenorten Istriens und in der kroatischen Inselwelt. Zweitens: Schneller kann man von Norden kommend sein Adriaziel nicht erreichen. Und Drittens: Auch kleine Länder sollte man niemals unterschätzen. Die Marinas im gepflegten Seebad Portorož und im alten Fischerort Izola bieten mit ihren insgesamt 1.300 Liegeplätzen einen perfekten Rundumservice – inklusive Travellift, Kran, Slipanlage, Segelmacher, Werkstätten, Zubehörläden, Swimmingpool und vielen Restaurants. Und in Koper liegt man mit seiner Yacht direkt neben den Baudenkmalen der Altstadt. Die eigentliche Perle Sloweniens aber heißt Piran. Postkartenschön liegt der kleine Ort auf einer vom Meer umspülten Landspitze. Allein schon für Piran mit seiner mittelalterlichen Geschichte lohnt sich der Besuch im Miniatur-Küstenland Slowenien. Versprochen!