„Gute Teamarbeit ist unverzichtbar“
In diesem Jahr endet die Nordseewoche wieder mit der Regatta Pantaenius Rund Skagen. 2022 holte Daniel Baum den Gesamtsieg, der schon als Jugendlicher mit seinem Vater viele Male Nordseewoche und Rund Skagen segelte. Er erklärt, was es braucht, um diese äußerst anspruchsvolle Offshore-Regatta zu meistern.
Daniel, kannst Du kurz zusammenfassen, was Pantaenius mit der Nordseewoche verbindet?
Die Nordseewoche ist aus mehreren Gründen einzigartig. Mit ihrer mehr als hundertjährigen Geschichte hat sie alleine schon als historische Sportveranstaltung einen eigenen Wert. Außerdem haben wir in Deutschland mit Helgoland nur eine einzige Hochseeinsel. Das macht die Nordseewoche, die rund um Helgoland ausgetragen wird, als Offshore-Regatta besonders.
Dazu kommt, dass diese Regatta wie kaum eine andere Crews aus verschiedenen Revieren an der Nordsee verbindet. Helgoland liegt für Seglerinnen und Segler aus den Hansestädten Hamburg und Bremen ebenso vor der Tür wie für die aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Außerdem kann man herrlich durchatmen auf Helgoland – das muss man mal selbst erleben.
Im Anschluss an die Nordseewoche startet alle zwei Jahre die Regatta Pantaenius Rund Skagen. Sie wurde zehn Jahre nach der ersten Nordseewoche zum ersten Mal ausgesegelt. Seit 1994 trägt sie den Namen von Pantaenius. Warum unterstützt die Firma explizit die Regatta Rund Skagen?
Es gibt einfach eine enge Verbindung, weil mein Vater die Regatta schon sehr, sehr häufig gesegelt ist. Er steuerte zum Beispiel 1973 die „Diana III“ bei dem Rekord von 55 Stunden und einer Minute, der bis zum Jahr 2000 gültig war, als Klaus Murmanns „Uca“ ihn um fast zwölf Stunden unterbot. Mit der „Elan“ gehörte mein Vater dann über Jahrzehnte zum Starterfeld und fuhr ja auch noch einen Sieg ein.
Im Laufe der Zeit kamen dabei Dinge hinzu wie das Frühstück in Kiel, das Kosten für die Wettfahrtleitung erzeugt hat, die sich entsprechend auf die Suche nach Sponsoren gemacht hat. So kamen wir ins Spiel. Und wenn wir etwas machen, dann machen wir es langfristig. Deshalb sind wir auch nach fast 30 Jahren immer noch dabei.
Was ist denn das besondere an der Langstrecke Pantaenius Rund Skagen?
Sie ist einfach eine große Herausforderung. Meines Erachtens steht Rund Skagen ganz klar in einer Reihe mit dem Fastnet Race, Gotland Runt und dem Middle Sea Race. Das liegt zum einen daran, dass sie früh im Jahr stattfindet, bei niedrigen Wassertemperaturen und oft bei Starkwind. Man glaubt nicht, wie viele Kalorien und gute Klamotten es braucht, um bis zur Tonne bei Skagen durchzuhalten.
Zum anderen liegt es daran, dass die Regatta durch sehr unterschiedliche Seereviere führt. Angefangen von der Nordsee, dann durch Skagerrak und Kattegatt bis in die Ostsee. Am Anfang haben wir oft noch schwere Dünung plus Wind gegenan. Im Skagerrak setzt dann oft Strom. Und auch die Ostsee kann sehr tricky sein, mit häufig noch mehr Strom und ganz ausbleibenden Winden. Bei Pantaenius Rund Skagen kann es passieren, dass jemand in der Ostsee von ganz hinten noch nach ganz vorne segelt.
Es hilft, Rund Skagen oft zu segeln, um es richtig zu verstehen. Instinkt und Erfahrung können da auch mal wichtiger sein als Wetterdaten.
Was muss man mitbringen, um Pantaenius Rund Skagen zu gewinnen?
Es geht darum, als Crew gemeinsam das Boot bestmöglich über diesen langen Zeitraum zu bewegen. Dabei sind vielfältige Aufgaben zu bewältigen. Eine wichtige Voraussetzung ist die gute Vorbereitung nicht nur der Crew, sondern auch des Bootes. Das habe ich von meinem Vater gelernt: Das Boot bis ins Detail tadellos in Schuss zu haben.
Dann kommt eine Crew dazu, die das Boot und die Regatta sehr lange und sehr gut kennen. Es gibt da einen Pool von rund 20 Personen mit sehr vielen Meilen Erfahrung, aus dem wir schöpfen. Wir segeln meistens mit neun Personen, also vier Personen in einer Wache und eine wachfreie Person für die Navigation und als Smutje.
Es ist absolut entscheidend, dass die Crew immer gutes und warmes Essen bekommt. Natürlich kann man nicht auf alles vorbereitet sein. Glück gehört auch dazu. Und wenn man doch einmal hinten liegt, darf man sich nicht lange ärgern, sondern muss das schnell abhaken.
Jedenfalls ist gute Teamarbeit unverzichtbar. Das ist nicht nur ein leeres Wort, sondern nach meiner Erfahrung hat das sehr viel mit guter Kommunikation zu tun: Das Briefing bei Wachwechsel, das Verfolgen der gesetzten Strategie und das Ändern der Strategie bei Bedarf – all das sind teamtechnisch große Herausforderungen, wenn man das zusammen gut bewältigen möchte.
Wo Du gerade beim Essen warst: Kannst Du uns das Rezept für einen Bordklassiker verraten, der die Crew durchgefroren in der Jammerbucht glücklich macht?
Wir haben viele gute Gerichte – ein Megaklassiker ist: Geschmorte Lammschulter mit Knoblauch gespickt und Dijonsenf eingerieben auf Zwiebeln in Rotweinjus mit Karotten und Kartoffeln.
Was habt Ihr 2022 ganz konkret richtiggemacht?
Bei uns hatte schon auf der Nordseewoche alles ganz gut geklappt. Mit dieser Stimmung sind wir dann in Pantaenius Rund Skagen gegangen. Entsprechend haben wir den Start gewonnen. Dann hatten wir den Spi in der ersten Nacht am längsten oben. Und die Halsen haben wir auch richtig getroffen. Die nachfolgende Kreuz im Skagerrak lief auch super. In der Ostsee hatten wir dann auch zweimal richtig Glück mit den taktischen Entscheidungen.
Segelst Du Pantaenius Rund Skagen lieber mit der Familie oder eingespielter Crew?
Auf jeden Fall bin ich nicht der Typ, der so eine Regatta alleine oder zu zweit segelt. Egal ob Familie oder nicht – es kann immer nur einen Skipper geben und jeder hat einen anderen Führungsstil. In einer Crew aus Freunden fällt es vielleicht leichter, Bemerkungen mit einem Augenzwinkern wegzustecken.
Ohnehin finde ich den Teamgedanken toll. Wir wollen das Boot an 100 Prozent segeln – wie kriegen wir das hin? Jeder einzelne Charakter trägt dazu seine eigenen Gedanken bei. Aus dieser Energie entsteht eine besondere Dynamik. Das finde ich spannend. Die Voraussetzung dafür ist eine Mischung aus guten Typen und eine gute Stimmung an Bord, in der man sich vertrauen kann.
Was wünschst Du der Nordseewoche für die Zukunft?
Ich finde, die Nordseewoche und Pantaenius Rund Skagen verdienen mehr Beachtung und mehr Teilnehmer, besonders international. Dänemark, Schweden, Holland und England sind alle nah und sollten mal die coole Nordseewoche für sich entdecken, quasi als Jahresauftaktveranstaltung, um dann in der Ostsee Regatta zu segeln.
Sie wäre auch schon längst erfolgreicher, wenn nicht unsere Altvorderen es vermasselt hätten, ein international gültiges Ratingsystem zu etablieren. Leider hat sich der Kampf zwischen ORC und IRC nie positiv auf solche Hochseeregatten ausgewirkt – im Gegenteil.
Aber die weitere Professionalisierung durch das Team der Wettfahrtleitung um Marcus Böhlich und Albert Schweizer ist auf einem super Weg bisher. Dafür kann ich mich nur herzlich bedanken.