Mit Herz und (Sach-)Verstand
Der Weg zum gebrauchten Traumschiff will gut überlegt sein und benötigt Zeit – nicht zuletzt für die sorgfältige Prüfung des Objektes.
Dass hierbei eine Expertenmeinung hilfreich sein kann und guter Rat nicht immer teuer sein muss, verrät uns Kai Haasler von MCS Marine Claims Service.
Es ist ein aufregender Moment, wenn die Zukünftige endlich vor einem steht. Mit Kribbeln im Bauch möchte man nun bloß nichts falsch machen. Ja, wir reden von der Yacht, die Ihnen in gebrauchtem Zustand, aber scheinbar unversehrtem Glanz den Kopf verdreht hat. Bevor Sie jedoch zuschlagen, Hand aufs Herz: Haben Sie wirklich schon alle Macken entdeckt? Wer sich ein gebrauchtes Boot kauft, hat oftmals viel Zeit und Mühe in die Suche nach dem passenden Objekt gesteckt. Ist es dann tatsächlich gefunden, wird gerne kurzer Prozess gemacht. Dabei ist gerade beim Privatkauf wichtig, genau hinzuschauen – nicht zuletzt, da eine Gewährleistung hier in der Regel vertraglich ausgeschlossen wird.
Kein gebrauchtes Boot ist gänzlich frei von Mängeln
„Ein gründlicher Vorab- Check ist daher unerlässlich. Vor allem, um die Fehler zu finden, die nicht sofort ersichtlich sind.“ Dass es hierfür schon einiges an Sachverstand bedarf, professionelle Unterstützung beim Bootskauf jedoch selten in Anspruch genommen und entsprechend risikofreudige Kaufentscheidungen getroffen werden, verwundert Kai Haasler. „Während beim Hauskauf für gewöhnlich die Meinung eines Gutachters eingeholt wird, steht fachkundige Expertise beim Erwerb eines Bootes weniger hoch im Kurs.
Statt einen Sachverständigen einzuschalten, muten sich potentielle Eigner oftmals die vollumfängliche Angebots-/
Zustandsbewertung zu und lassen dabei nicht selten wichtige Aspekte außer Acht - wohl wissend, dass sie sich teils im hochpreisigen Segment befinden, Boote komplex sind und schon kleine Mängel an Bord folgenschwere Konsequenzen mit sich bringen können.“ Emotionalität und ein „Ich habe Erfahrung, ich beurteile das alleine“-Gedanke spielen beim Bootskauf folglich eine große Rolle. Dabei gilt auch hier: Ein objektives Urteil eines Dritten kann helfen, eine gute Kaufentscheidung zu fällen. „Technische Änderungen, Weiterentwicklung, Altersprozesse – man kann unwissend in Gefahren reinstolpern, weil einem das nötige Fachwissen fehlt. Warum also nicht eine Vertrauensperson hinzuziehen, die sich an der ein oder anderen Stelle etwas besser auskennt?“, meint Kai Haasler. „Es muss ja nicht gleich ein vollumfängliches Gutachten eines Sachverständigen sein, aber eine zweite Meinung einzuholen, sei es auch nur am Telefon, kann nie schaden.“
Wo finde ich einen Sachverständigen?
Sachverständige sind kompetente und unabhängige Personen die ihr Fachwissen und langjährige Erfahrung auf verschiedenen Gebieten für Sportboote, Motorboote, Yachten und Schiffbau anbieten. Personen mit Sachverstand könnten aber zum Beispiel auch ein Werftvertreter oder Yachttechniker sein, solche, die diese Arbeit tagtäglich machen.
„Bei der Suche nach entsprechender Expertise kann man an unterschiedliche Türen klopfen. Da wäre zunächst einmal die Möglichkeit, sich an die Werft oder den Fachbetrieb seines Vertrauens zu wenden und nach einem erfahrenen Sachverständigen zu fragen. Alternativ hat vielleicht auch der Nachbar am Steg einen guten Tipp. Möglicherweise hat dieser schon einmal einen Schaden gehabt und daraufhin z.B. von MCS einen Gutachter empfohlen bekommen. Und wenn man beim Kauf eines Bootes eine Versicherung anfragt, warum dann nicht auch dort einfach mal nach technischer Unterstützung fragen?
Der Versicherungspartner hat bestenfalls Zugriff auf ein großes Netzwerk aus Sachverständigen und kann einem einen Kontakt vor Ort nennen. Weiterhin besteht natürlich immer auch die Möglichkeit, an Verbände, wie z.B. an den DBSV, heranzutreten. Weniger ratsam hingegen ist Online-Recherche. Wer z.B. „Bootsgutachter in Norddeutschland“ googelt und daraufhin verschiedene Suchergebnisse erhält, kann sich der fachlichen Kompetenz dahinter nicht immer sicher sein.“
Guter Rat teuer?
Nun liegt in der Praxis natürlich die Vermutung nahe, dass die Beauftragung eines Sachverständigen automatisch mit hohen Kosten verbunden ist. „Das stimmt aber so nicht ganz, meint Kai Haasler. „Vielmehr hängen die Aufwände doch vom gewünschten Leistungsumfang ab. Einem muss also erstmal klar sein, was man sich von einer Drittmeinung überhaupt erhofft.“ Nehmen wir als Beispiel eine gebrauchte 10m-Segelyacht, die 19.000 Euro kosten soll. In diesem Rahmen sind Boote i.d.R. nicht allzu komplex.
Neben einigen Systemen muss hier u.a. das stehende und laufende Gut, der Mast, Segel, Motor, Antrieb, elektrische und elektronische Anlagen, Toilette, Spüle und Borddurchlässe kontrolliert und das Schiff auf Osmose und Altschäden untersucht werden. Vermutlich dauert die Prüfung zwei bis drei Stunden, ehe eine gute Kaufempfehlung in Form eines abschließenden Berichts mit Erklärungen und Handlungsempfehlungen abgegeben werden kann. „Inklusive An- und Abreise, kann in diesem Fall ungefähr mit Kosten von 800-1000 Euro gerechnet werden. Technische Empfehlungen ausgeschlossen. Manchmal kann es aber auch einfach schon hilfreich sein, jemandem das anvisierte Angebot zu beschreiben und eine grobe Einschätzung zu erfragen. Mit einer solchen Leistung liegt man dann um und bei 150 Euro.“
„Jedes Vorhaben sollte individuell betrachtet werden. Wer sich mit Anfang 20 ein Segelboot für 8.000 Euro kauft, für den ist das vergleichbar viel Geld wie für jemanden, der sich vielleicht mit Mitte 50 für 800.000 Euro eine Motoryacht kauft.“ Auch wenn die Bewertung eines Gutachters unabhängig und auf wertneutralen Feststellungen beruht sei bedacht, dass das Fachwissen unter Umständen von einer Partei bezahlt wird, sich also in gewisser Weise um ein Parteigutachten handelt. Es kann daher Sinn machen, dass Käufer und Verkäufer einen Parteigutachter einschalten. Ein Sachverständiger kann aber genauso gut auch von beiden Seiten zusammen beauftragt und bezahlt werden.
Fazit
Ein Sachverständiger kostet Geld, als Gegenleistung erhält man jedoch wertvolle Ingenieursleistung. Beim Bootskauf stehen hohe Werte schnell starken Emotionen und subjektiver Beurteilung gegenüber. Es sei jedoch bedacht: Das eigene und das Leben der Familie hängt vom Zustand des Bootes ab. Wer plötzlich in der Weser treibt, weil der Motor nicht mehr läuft, hat ein existentielles Problem. Ebenso gefährlich kann es werden, wenn der Mast plötzlich bricht. Es gibt das fachliche Knowhow, wir empfehlen daher, es auch zu nutzen.