Präventionsprojekt - Auf Kollisionskurs
Kleinere Kollisionsschäden sind bei Pantaenius an der Tagesordnung. Gerade bei An- und Ablegemanövern in den oft engen Marinas kommt es immer wieder zu Berührungen zwischen Yachten, die zum Glück meist nur Bagatellschäden nach sich ziehen. Kommt es in offenen Gewässern jedoch zu einer Kollision, dann geht es meist weniger glimpflich aus. Schlimmstenfalls kommt es zu einem Totalverlust und nicht selten sind auch Verletzte zu beklagen. Dabei müssen eigentlich nur einige allgemein bekannte Regeln eingehalten werden.
Mangelnde Seemannschaft ist der häufigste Grund für Kollisionen. Oft gibt es auf Freizeityachten schlichtweg keinen Ausguck – eine Entwicklung, die unsere Schadenexperten leider immer häufiger feststellen müssen. Durch die zunehmende Technisierung an Bord von Freizeitschiffen werden einige Skipper unvorsichtig, verlassen sich zu sehr auf die eingesetzte Bordelektronik und fahren nur noch nach Displays und Wegepunkten. Gerade der zunehmende Einsatz von Autopiloten und Selbststeueranlagen verleitet Skipper immer wieder dazu, die Umgebung aus den Augen zu lassen: sei es, um schnell unter Deck etwas zu holen, oder um im Cockpit anderen Dingen nachzugehen. Wer so handelt, der handelt grob fahrlässig. Oberste Regel ist es, Ausguck zu halten.
AUSGUCK HALTEN IST PFLICHT
In den Kollisionsverhütungsregeln (KVR, siehe Infokasten auf der nächsten Seite) ist in Regel Nummer 5 zu lesen, dass jedes Fahrzeug jederzeit durch Sehen und Hören sowie durch jedes andere verfügbare Mittel, das den gegebenen Umständen und Bedingungen entspricht, gehörigen Ausguck halten muss, der einen vollständigen Überblick über die Lage und die Möglichkeit der Gefahr eines Zusammenstoßes gibt. Das gilt natürlich nicht nur für Segel und Motoryachten, sondern für alle Wasserfahrzeuge wie auch für die Marine- und Berufsschifffahrt. Diese verfügen zwar über modernste Technik an Bord, trotzdem sollten Sie sich nicht darauf verlassen, dass Sie und Ihre Yacht immer gesehen werden.
VERANTWORTUNG DES SKIPPERS
Natürlich kann ein Schiffsführer nicht durchgehend am Ruder stehen und Ausguck halten. Gerade bei längeren Törns braucht er regelmäßig eine Pause. Es liegt aber an ihm, einen geeigneten Rudergänger auszuwählen, der ihn vertreten kann. Hier sollten Sie als Skipper sorgfältig abwägen. Auch wenn Sie zum Zeitpunkt einer Kollision gar nicht am Ruder standen, tragen Sie die Verantwortung, wenn etwas schiefgeht.
ABWEICHUNG IM GPS-SYSTEM
Auch die Zahl der Grundberührungen steigt. Es gibt immer eine gewisse Ungenauigkeit bei der Positionsbestimmung des GPS-Systems. Das können auch heute noch bis zu 200 Meter Unterschied sein. Ebenso kann eine schlechte Satellitenkonfiguration zu Abweichungen führen. Wenn Sie sich unter diesen Umständen in den schwedischen Schären ausschließlich auf Ihren Plotter verlassen, dann setzen Sie Ihre Yacht schnell auf einen Stein. Elektronische Seekarten basieren im Grunde auf großräumigen Seekarten der Berufsschifffahrt und sind entsprechend zum Navigieren auf engem Raum nicht ideal geeignet. Dennoch ist moderne Navigationselektronik gerade im großflächigen Raum und bei langen Strecken hilfreich und sinnvoll. Sie ist ein Hilfsmittel und kein Ersatz für aufmerksames Navigieren und gute Seemannschaft. Papierseekarten sind nach wie vor empfehlenswert; entsprechend sollte man auch wissen, wie ohne Bordelektronik navigiert wird, wenn die Bordelektronik unerwartet ausfällt.
KVR: KOLLISIONSVERHÜTUNGSREGELN Die Beherrschung der Ausweichregeln ist die wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung von Kollisionen. Das gilt insbesondere für Häfen und Reviere mit viel Verkehr. Auf dem Wasser ist jeder Verkehrsteilnehmer, ob Tanker oder Ruderboot, verpflichtet, die internationalen Kollisionsverhütungsregeln einzuhalten. Diese können Sie unter anderem auf den Seiten der Wasser und Schifffahrtsverwaltung des Bundes herunterladen: elwis.de/Schifffahrtsrecht/ Seeschifffahrtsrecht/KVR.
AUF EINEN BLICK
• Kollisionsverhütungsregeln beachten
• Immer Ausguck halten und die Umgebung im Blick behalten
• Bei Bedarf zuverlässigen Rudergänger bestimmen, der den Ausguck übernimmt
• Beim Einsatz elektronischer Seekarten Abweichungen einkalkulieren
• Papierseekarten immer an Bord führen und die konventionelle Navigation verinnerlichen
• Seekarten regelmäßig berichtigen und aktualisieren
BERICHTIGUNGEN DER SEEKARTEN
Sowohl bei elektronischen als auch bei Papierkarten müssen Sie außerdem darauf achten, sie regelmäßig zu aktualisieren beziehungsweise Berichtigungen vorzunehmen. Das wird häufig versäumt. Im besten Fall wundert man sich nur darüber, dass die Seezeichen in der Karte nicht mit den Beobachtungen übereinstimmen. Aber durch Wracks oder in starken Tidengewässern kann es schnell zu neuen Untiefen kommen. Und dann besteht die Gefahr einer Grundberührung.
EINE FRAGE DER PERSPEKTIVE
Gerade kleine Displays machen die Nutzung der Zoomfunktion beim elektronischen Navigieren unumgänglich. Hier sollte darauf geachtet werden, dass bei weiter entfernten Zoomstufen Untiefen häufig nicht oder nur unzureichend erkennbar sind. Machen Sie sich deshalb eingehend mit dem Handling Ihrer elektronischen Seekarten vertraut und überprüfen Sie regelmäßig, ob die von Ihnen gewählte Zoomstufe alle wichtigen Informationen bereithält.
RADAR ODER AIS?
Die Entscheidung, ob Sie für Ihr Boot ein Radargerät benötigen, hängt überwiegend von Ihrem bevorzugten Fahrtgebiet ab. Wenn Sie vorwiegend auf der Ostsee unterwegs sind und Nachttörns eher die Ausnahme sind, dann reicht es, wenn Sie gewissenhaft Ausguck gehen. In stark befahrenen Gebieten, in denen außerdem häufig Nebel die Sicht behindert, wie zum Beispiel dem Englischen Kanal oder der Straße von Gibraltar, ist ein Radar an Bord sicher angebracht. Es erfordert allerdings etwas Übung, um mit der ungewohnten Darstellung gut zurechtzukommen. Als Ersatz, oder zusätzlich zum Radar, ist die Visualisierung des Seeverkehrs über das Automatische Identifizierungssystem (AIS) deutlich komfortabler in der Anwendung.
RASEREI MIT FOLGEN
Anders als im Straßenverkehr ist Raserei in der Sportschifffahrt kein übermäßig häufiger Grund für Unfälle. Trotzdem sollten Motorbootfahrer ein Auge auf ihr Tempo haben. Denn wenn es zu einem Unfall kommt, dann sind nicht selten Personenschäden die Folge. Menschen an Bord stürzen und verletzten sich teilweise schwer. Auch wenn es auf Seeschifffahrtsstraßen keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung für Sportboote gibt, müssen alle Fahrzeuge mit sicherer und angemessener Geschwindigkeit fahren, um die Sicherheit des Verkehrs nicht zu gefährden. Auf Binnenwasserstraßen gelten in der Regel Geschwindigkeitsbegrenzungen. Konkrete Informationen zur Temporegelung auf See- und Binnenschifffahrtsstraßen bietet der Elektronische Wasserstraßen-Informationsservice (ELWIS) unter elwis.de.