„Unser Nachhaltigkeitskonzept hat beeindruckt“
Pantaenius hat das Team WannSea auf dem Weg zur Monaco Energy Boat Challenge unterstützt. Bei ihrer ersten Teilnahme gewannen die Berliner Studierenden den Smart Low Tech Preis. Teamchef Riccardo Petschke berichtet.
PANTAENIUS: RICCARDO, IHR HABT MIT DEM TEAM WANNSEA ANFANG JULI ALS ERSTES TEAM AUS DEUTSCHLAND AN DER MONACO ENERGY BOAT CHALLENGE (MEBC) TEILGENOMMEN. BEI DIESEM WETTBEWERB TRETEN STUDIERENDE UND FACHLEUTE AUS DER GANZEN WELT MIT CO2-NEUTRAL ANGETRIEBENEN BOOTEN GEGENEINANDER AN. WIE BEWERTET IHR EUREN AUFTRITT?
Riccardo: Die Woche in Monaco begann mit dem Auspacken und Aufbauen unseres Bootes. Dieses bekam von den anderen Teams schnell den Spitznamen „Bambus-Boot“. Das lag maßgeblich an dem gesamten Holz und Bambus, den man an unserer „1C23“ sehen konnte. Die anderen Teams hatten sich nicht im gleichen Ausmaß dazu entschlossen, mit nachhaltigen Rohstoffen zu experimentieren.
Genau dieser Fokus, den wir uns als Team gesetzt haben, hat auch das Interesse des Malizia-Presseteams geweckt. Wir wurden einen ganzen Tag lang von Boris Hermanns Filmcrew im Hafen von Monaco begleitet. Die von uns selbstgebauten Flachsfaser-Komponenten konnten wir ihnen auch zeigen. Da mussten sie lächeln, da auch die Malizia viel verbautes Flachs an Bord hat. Und unser Boot hat zum Abschluss dieses Filmtages einen enormen Auftritt gehabt – Léa, unsere Pilotin, hat den Kameramann auf seinem Foil-Brett durch den Yachthafen gezogen.
Wir hatten als erste unser Boot fertig aufgebaut, hatten als erste die technische Inspektion für die Regatta passiert und dann hatten wir vor allen noch schuftenden Teams dieses beindruckende Bild von „Böötchen zieht Foiler“. Somit begann unsere Woche in Monaco mit einem krassen Auftritt.
SCHNELLER ALS ERWARTET - DIE WANNSEA-TESTFAHRT WAR ERFOLGREICH!
Die MEBC besteht aus mehreren Disziplinen. Die erste war das Höchstgeschwindigkeitsrennen am Donnerstag, wo eure „1C23“ in ihrer Klasse den vierten Platz erreichte. Wie war die Stimmung im Team danach?
Die Stimmung war grandios. Bis hierhin hatte alles mit unserem Boot einwandfrei funktioniert. Nichts war beim Transport kaputt gegangen. Und wir konnten es alle kaum glauben, dass unser Boot so gut mithalten konnte. Wir hatten nicht damit gerechnet, da das ganze verbaute Holz unser Boot im Vergleich zu anderen bestimmt einen Tick schwerer gemacht hat. Und somit waren wir zu unserer Überraschung nach der Speed-Challenge eines der Top-Teams. Die Vorfreude auf die zu kommenden Regattatage war riesig.
AM FREITAG KAM DER TIEFSCHLAG: IHR KONNTET NICHT AM AUSDAUERRENNEN TEILNEHMEN, WEIL DIE „1C23“ NICHT STARTETE. WIE SCHWER WAR ES, DEN FEHLER ZU FINDEN?
Wir standen am Freitag mit dem italienischen Team aus Bologna (dem Gewinner Team der MEBC23) als erste im Wasser. Wir waren bereit zu starten. Unsere Pilotin wollte ablegen, doch dann drehte sich der Propeller nicht. Das erste Troubleshooting machten wir noch direkt im Wasser, doch schnell war klar, dass unser Boot wieder raus musste. An Land testeten wir weiter. Unsere gesamte Bordelektronik haben wir auf Hals und Nieren geprüft, aber alles funktionierte.
Das Ausdauerrennen dauert 4 Stunden. Wer nicht pünktlich an den Start geht, darf auch verspätet noch antreten. Diese Hoffnung hat uns anfangs sehr angetrieben. Leider stellte sich dann heraus, dass wir ein Motorproblem hatten. Unser gekaufter Motor hat den Geist aufgegeben und wir konnten nichts daran reparieren, außer ihn zu ersetzen.
Wie habt ihr das Problem schließlich gelöst?
Das Team Physis aus Mailand durfte aus verschiedenen Gründen nicht an den Start, doch deren Motor war brandneu. Deren Ingenieure hatten genauso wie unsere den ganzen Winter damit verbracht, eigene Propeller für den Motor zu entwickeln. So traf es sich gut, dass unser Boot auf die schnelle einen Ersatzmotor brauchte.
Wir lösten unser Motorproblem in der Nacht von Freitag auf Samstag. Deren Motor schraubten wir mit den Mailändern gemeinsam an unser Boot. Und dann ging es nach einer schlaflosen Nacht erneut an den Start.
AM SAMSTAG KONNTET IHR IM SLALOMRENNEN UND IN DER ABSCHLIESSENDEN KO-RUNDE WIEDER STARTEN. WIE HART WAR DIE KONKURRENZ?
Es war unfassbar. Zwei Teams, unseres und das der Italiener, feuerten jetzt unsere Pilotin an. Uns war es, um ehrlich zu sein, ziemlich egal, wie die anderen Teams abschnitten. Wir waren einfach froh, wieder fahren zu können. Und als wir dann den 7. Platz von 15 startenden Booten erreichten, waren wir echt zufrieden. Mein Team hatte abermals bewiesen, in Stresssituationen doch noch die Kurve zu kriegen und Probleme gekonnt zu lösen.
Ganz einwandfrei lief jedoch an dem Morgen nicht alles. Unser erster Anlauf zum Slalomrennen ist fehlgeschlagen. Erst in den letzten 10 Minuten des Rennens, nach erneuter Feinjustierung am Motor und dessen Lenkung, ging die „1C23“ an den Start. Auf unserer WannSea Webseite findet sich das Video aus Monaco verlinkt. Man kann auch jetzt noch richtig mitfiebern, da man den Moderator Richtung Ende ankündigen hört, wie „nur noch wenige Minuten bis zur Schließung des Slalomrennens“ bleiben und dann schwenkt die Kamera auf unser Boot, wie es sich zum Starten bereitmacht. Der ganze Hafen hat gejubelt, als wir die Zielgerade passierten.
Welches andere Team hat Dich besonders beeindruckt und warum?
Mich persönlich hat das Team aus Griechenland begeistert. Sie sind zwar keine Newcomer wie wir, doch sie traten dieses Jahr mit einem von Grund auf neu gebauten Boot an. Und haben damit den zweiten Platz geholt. Eine echte Leistung. Ihr Vorteil lag beim Motor. Sie hatten zwei gegensätzlich zueinander drehende Propeller und einen leistungsstarken Motor.
Am Ende seid Ihr mit einem Sonderpreis ausgezeichnet worden. Wie zufrieden seid Ihr mit dem Ergebnis?
Mit Ehrgeiz schauen wir auf diesen Preis und die Woche in Monaco zurück. Es war uns von Anfang an bewusst, dass wir bei unserer ersten Teilnahme den Podiumsplatz kaum erreichen würden. Zwar gab es nach den ersten Testtagen in Monaco Hoffnung, und wäre unser Motor nicht kaputt gegangen, dann hätten wir bestimmt bis zum Ende hin auf einen der Top 3 gefiebert. Doch es kam, wie es kam. Und dennoch sind wir sehr zufrieden, da unser Nachhaltigkeitskonzept beeindruckt hat. Und genau das war auch unser Steckenpferd gewesen. Die internationale Jury hat uns dafür den Smart Low Tech Preis verliehen.
WENN DU AUF DEN ANFANG DES PROJEKTS ZURÜCKBLICKST: WAS WÜRDEST DU AUFGRUND DER IN MONACO GESAMMELTEN ERFAHRUNG HEUTE ANDERS MACHEN?
Wir haben mit 13 Personen in Monaco teilgenommen. Ein Großteil meines Teams ist in Berlin geblieben. Im Nachhinein wären 1 bis 2 weitere in Monaco sinnvoll gewesen. Insbesondere, da wir mit der Kommunikation nach außen kaum klarkamen. Wir hätten, während wir in Monaco waren, einen Live-Ticker und Newsletter und Social Media deutlich mehr bespielen müssen.
Aber davon abgesehen bin ich mit unserer ersten Teilnahme echt zufrieden. Wir hatten rechtzeitig Airbnbs gebucht, nichts war beim Bootstransport kaputtgegangen oder in Berlin vergessen worden, keiner in meinem Team hat sich verletzt und auch der Teamgeist war da.
Was die Phase vor Monaco angeht, gibt es einiges zu verbessern. Die Konzeptionsprozesse im Winter 2022 und die anschließende Bauphase im Frühjahr 2023 können natürlich optimiert werden. An meinem Managementstyle werde ich bei meiner nächsten Gründung einiges anders machen.
DIE NÄCHSTE MEBC FINDET VOM 1.-6. JULI 2024 STATT. WIRD DAS TEAM WANNSEA WIEDER DABEI SEIN?
Ja! Ich bin gerade dabei, meinen Nachfolge-Vorstand einzuarbeiten. Die Suche nach neuen Studierenden für die Saison 2024 ist im vollen Gang und die Ziele, die sich das Team setzt, sind anspruchsvoll. Zum Beispiel wollen sie versuchen, einen eigenen E-Motor zu entwickeln. Auch Wasserstoff und/oder Segel sind gerade wieder mit in der Diskussion. Was auf jeden Fall bleibt, ist der Fokus auf Nachhaltigkeit. Genau darin sind wir stark und müssen uns aber weiter verbessern.
Bleibt gerne auf dem Laufenden, wie es im kommenden Winter mit dem Projekt weitergeht. Das Team ist engagiert und freut sich über jegliche Unterstützung!