Wann greift die Haftpflichtversicherung?
Wer einen Schaden verursacht, haftet auch dafür – dieser Zusammenhang erscheint logisch. Doch im Wassersport ist es nicht immer so einfach. Hier gilt zumeist das Prinzip der Verschuldenshaftung. Was das für Ihren Versicherungsschutz bedeutet, erklärt Gunnar Brock, Rechtsanwalt beim Yachtversicherungsspezialisten Pantaenius.
„Grundsätzlich haftet ein erwachsener Mensch nur dann für einen Schaden, wenn er ihn selbst schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, verursacht hat", erklärt Gunnar Brock. Dieses Prinzip wird in der deutschen Rechtsprechung Verschuldenshaftung genannt und gilt bei fast allen Schäden im Wassersport. Im Gegensatz dazu gilt im Straßenverkehr aufgrund des erhöhten Gefahrenpotenzials die sogenannte Gefährdungshaftung.
Zum besseren Verständnis zwei einfache Beispiele aus der Praxis:
- Ein Autofahrer parkt seinen Pkw. In der Nacht reißt der Bowdenzug, die Handbremse löst sich, und ein anderes Fahrzeug wird beschädigt. In diesem Fall haftet der Fahrzeughalter, beziehungsweise seine Versicherung, obwohl ihn keine direkte Schuld trifft.
- Ein Eigner macht sein Schiff ordnungsgemäß am Liegeplatz fest. In der Nacht zieht ein Sturm auf, zwei Festmacher reißen, Nebenlieger werden beschädigt. In diesem Fall haftet der Eigner, beziehungsweise seine Haftpflichtversicherung, nicht, weil der Schiffsführer nicht schuldhaft gehandelt hat.
„Der Unterschied ist Schiffseignern häufig schwer zu vermitteln, weil sie mit der Mentalität und den Erfahrungen aus dem Straßenverkehr aufs Wasser gehen“, berichtet der Pantaenius-Jurist. „Sie empfinden eine moralische Verpflichtung gegenüber dem Geschädigten, insbesondere wenn es sich, wie bei diesem Beispiel, um den Nebenlieger handelt, den man seit 20 Jahren kennt. Hinzu kommt der Ärger, dass die eigene Versicherung nach jahrelanger Unfallfreiheit und Prämienzahlung nun nicht für den Schaden aufkommen will. Der Versicherer lehnt die Zahlung jedoch nicht aus Unwilligkeit ab, sondern schlicht, weil der Versicherungsnehmer für den Schaden nicht haftet.“
Der Ärger wird umso größer, wenn der Geschädigte eine Klage gegen den Verursacher einreicht, weil dessen Versicherung nicht zahlen will. In diesem Fall beinhaltet die Haftpflichtdeckung jedoch einen so genannten passiven Rechtsschutz. Das heißt, die Kosten für den erforderlichen Rechtsbeistand sind durch die Haftpflichtversicherung gedeckt.
Bei Kollisionen wird das Prinzip der Verschuldenshaftung noch deutlicher: Auch wenn ich als Kurshalter Wegerecht habe und mich damit vordergründig bei einer Kollision keine Schuld trifft, so wird mir in der Regel trotzdem eine Mitschuld zugesprochen. Denn als Schiffsführer bin ich dazu verpflichtet a) Ausguck zu halten, b) optische oder akustische Warnsignale zu geben und c) ein geeignetes Manöver des letzten Augenblicks einzuleiten. Regattasegler werden diese Systematik kennen.
Gerade vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht von Gunnar Brock im Wassersport eine Yacht-Kaskoversicherung unerlässlich. „Da für Boote anders als für Kfz in Deutschland keine Pflicht zur Haftpflichtversicherung besteht, sollten es sich Schiffseigner sowieso sehr genau überlegen, ohne Kaskodeckung durch die Gegend zu fahren.“ Eine Haftpflichtdeckung hält der Versicherungsspezialist trotz fehlender Verpflichtung erst recht für dringend erforderlich.
Bei der Wahl der richtigen Haftpflichtversicherung können die Versicherungsbedingungen stark variieren. „Kaum jemand hat Lust, sich die klein gedruckten Versicherungsbedingungen durchzulesen“, weiß Gunnar Brock, „doch einige Details sollten Sie unbedingt prüfen: zum Beispiel, ob die Police-Ansprüche der Crew und Gäste, auch untereinander, vollumfänglich abdeckt. Weiterhin sollten die Mitbenutzung von Wassersportgeräten und Mietsachschäden versichert sowie eine Skipperhaftpflichtversicherung inkludiert sein. Ebenso ist auch auf ausreichend hohe Versicherungssummen zu achten.“