Wenn der Motor streikt
Ein kurzes Knattern, gefolgt von unheimlicher Stille – jedem Bootsbesitzer graut vor dem Moment der Antriebslosigkeit. Wenn der Motor fernab des Ufers plötzlich versagt, ist oftmals schnelles Handeln gefragt. Eine kleine Erinnerung, worauf es im Ernstfall ankommt.
Besonders, wer sein Revier mit Strömung, Wellengang und Berufsschifffahrt teilt, weiß um die Gefahren, die bei unerwarteter Manövrierunfähigkeit lauern. Aber auch in ruhigeren Gewässern kann der Schock schnell tief sitzen, wenn der Motor nicht mehr will und einem dann auch kein Segel aus der Patsche helfen kann. „Immer wieder kommt es in der Praxis zu Vorfällen dieser Art“, erzählt Michael de Boer aus der Pantaenius Schadenabteilung. „Mögliche Ursachen für Motorversagen gibt es viele. Im einfachsten Fall – und der ist keine Seltenheit - wurde ganz einfach vergessen zu tanken.
Oftmals liegt es aber auch an mangelhaft durchgeführter Wartung der Maschinenanlage. Durch Wasser bzw. Dreck verunreinigte oder verschmutzte Tanks zum Beispiel, können dem Motor schwer zu schaffen machen. Wurden diese im Winter nicht sorgfältig gesäubert, gelangen Dreckpartikel mittelfristig in die Kraftstoffleitungen und verstopfen diese. Weiterhin können aber natürlich auch beschädigte Kraftstoffleitungen, undichte Filter oder gar defekte Ventile schuld am Motorkollaps sein – die Ursachenliste ist prinzipiell lang.“
Unverhofft kommt oft
Revierunabhängig sollte man deshalb stets für den Ernstfall gewappnet sein, betont de Boer. „Es ist menschlich, dass man in einer solchen Situation sehr schnell in Panik verfällt. Wer jetzt aber die wichtigsten Verhaltensregeln kennt, ist nicht nur vor unbedachtem Handeln gefeit, sondern erspart sich im schlimmsten Fall viel Ärger.“
Dazu zählt zunächst einmal, ruhig zu bleiben und die Lage zu beurteilen. Wer sich manövrierunfähig in einer gefährlichen Situation befindet, beispielsweise in der Fahrrinne für die Berufsschifffahrt, dem bleibt natürlich nur wenig Zeit zu reagieren.
Umliegende Wassersportler sollten in solch einem Fall schnellstmöglich auf die eigene Situation aufmerksam gemacht und um Hilfe gebeten werden. Eine bekannte Methode hierbei ist, sich auf das Vorschiff zu stellen und mit Festmachern kräftig zu winken. Darüber hinaus ist auch eine Kontaktaufnahme mit anderen Wassersportlern über UKW möglich. Wer sich hingegen in keiner akuten Gefahrensituation befindet, sollte sich die Zeit nehmen, wenn möglich kurz zu ankern und über das weitere Vorgehen nachzudenken. „Um Hilfeleistungen Dritter kommt man in solch einem Fall nur selten herum. Daher stellt sich eigentlich viel mehr die Frage, wie viel Zeit einem hierfür verbleibt und wie gut man hierauf vorbereitet ist“, so de Boer weiter.
An der langen Leine
Gut vorbereitet bedeutet zum einen, technische Mittel an Bord zu wissen, um Schlepphilfe eines anderen Wassersportlers in Anspruch nehmen zu können. Hierzu zählt eine schwimmfähige, dem Gewicht der Yacht angepasste Schleppleine, die bestenfalls auch eine gewisse Flexibilität aufweist, um Lastspitzen abfedern zu können. Je länger die Leine, desto höher auch der Federweg. Herrscht beim Schleppen Seegang, so muss die Leinenlänge mindestens eine Wellenperiode betragen und beide Boote sollten möglichst gleichzeitig die Welle hinauf- oder hinabsteuern.
Tipp: Um beim Schleppvorgang die Rumpfstruktur des Bootes vor Schäden zu bewahren, sollte die Last verteilt und somit die Leine nicht an einer einzelnen Klampe belegt werden. Ein Hahnepot, die an beiden Bugklampen belegt und an der die Schleppleine befestigt wird, kann hierfür hilfreich sein.
Schleppen vs. Bergen
Neben der technischen Ausrüstung kann es weiterhin von Vorteil sein, die begriffliche Abgrenzung von „Schleppen“ und „Bergen“, sowie den Stolperstein Bergelohn zu kennen. „Wo genau Schleppen aufhört und Bergen anfängt, lässt sich nicht akkurat abstecken. Wie immer im Leben gibt es auch hier selten schwarz oder weiß“, erinnert de Boer. „Schlepphilfe ist zum Beispiel einem Segler zu gewähren, der mit unklarer Maschine bis vor einen Hafen segelt und sich dann hineinschleppen lässt. Dieses Schiff ist ganz klar nicht in Gefahr und es droht auch keine Gefahr. Bei einer Bergung hingegen, geht es um die Rettung aus einer unmittelbaren Gefahr. Eine Motoryacht mit unklarer Maschine, die auf eine felsige Küste zutreibt, ist zum Beispiel in Gefahr, auch wenn sich bis dahin noch keine Grundberührung oder ähnliches Ereignis realisiert hat.“
Ein hoher Preis
Hat ein Verkehrsteilnehmer einem anderen erfolgreich aus einer Seenotlage geholfen, liegt eine entsprechende Entlohnung natürlich nahe. Doch nicht immer wird sich der Helfer mit einem „Dankeschön“ oder mit einer besseren Flasche aus der Bordbar zufriedengeben. Schließlich wird durch den Einsatz ein größerer Schaden oder gar ein Totalverlust des Bootes vermieden und die Gefahr einer Umweltverschmutzung oder Behinderung der Schifffahrtswege gebannt. „Eine Bergung kann teuer werden und daher ist es wichtig, die Spielregeln zu kennen“, so de Boer. Prinzipiell kann jeder, der einem anderen Verkehrsteilnehmer in einer Seenotlage erfolgreich hilft, einen Bergelohn beanspruchen. Dieser bemisst sich nach zahlreichen Kriterien, wie der Summe der geretteten Werte, dem Aufwand des Bergers und dessen Gefahr, dem Wetter und regionalen Bedingungen sowie den genauen Bergemaßnahmen.
Zur Sicherstellung der Zahlung kommt es in der Praxis hin und wieder sogar vor, dass Schiffe arrestiert werden! Die Verhandlungen über den endgültigen Bergelohn, oft vor einem lokalen Gericht, ziehen sich schlimmstenfalls Jahre hin. In solchen Fällen ist es leider meist nötig, dass vom Versicherer Garantien gestellt werden müssen, um das Boot vor Abschluss der Verhandlungen von der Kette zu bekommen. Da man als Laie obige Aspekte kaum oder nur schwer beurteilen kann, rät Pantaenius dringend davon ab, als Eigner über einen Bergelohn zu verhandeln. In keinem Fall sollte über konkrete Summen oder Schiffswerte gesprochen und auch keine Vereinbarung unterschrieben werden. Sinnvoller ist es, schnellstmöglich den Versicherer zu kontaktieren und diesem die Verhandlungen zu überlassen.
Die Pantaenius Schadenabteilung zum Beispiel, ist 24 Stunden rund um die Uhr erreichbar und verfügt über umfassende Erfahrung in solchen Situationen. Pantaenius hat zudem ein recht umfangreiches Netzwerk, das eine ganze Reihe seriöser Bergungsunternehmen enthält, die kurzfristig aktiviert werden können. In jedem Fall sollte der Kaskoversicherer einen Sachverständigen vor Ort kennen, der sich um die Sache kümmert.
Vorsicht: Private Bergungsunternehmen oder spontane Helfer versuchen immer wieder, in solchen Situationen den Schiffswert als Grundlage zur Bemessung des Bergelohns heranzuziehen und nicht den eigenen Aufwand geltend zu machen. Davor schützt die Kaskoversicherung. Diese sollte Bergungskosten
grundsätzlich ohne Summenbegrenzung decken. Denn, wenn zur Bergung auch noch die Beseitigung von Umweltverschmutzungen hinzukommt, kann das schnell den Schiffswert übersteigen. Der Kaskoversicherer würde eventuelle Gerichtsstreitigkeiten mit dem Berger ausfechten. Eventuelle Garantieleistungen, die zu hinterlegen sind, um das Schiff wieder frei zu bekommen, würden in einem solchen Fall auch von den Kaskoversicherern übernommen.
Die Bedingungen der Anbieter unterscheiden sich hier jedoch mitunter deutlich. Ein Blick ins Kleingedruckte kann sich also lohnen! Falls es sich um eine akute Notsituation handelt und der Berger sofort auf eine Vereinbarung besteht, empfiehlt es sich, ausschließlich die sogenannte Lloyds Open Form (LOF) zu vereinbaren. Diese offene Vertragsform hat international Bestand und kann sogar durch einfachen Zuruf vereinbart werden. Die LOF beinhaltet auf der Basis „no cure – no pay“ (kein Erfolg – keine Bezahlung) auch eine Schiedsgerichtsvereinbarung, die für spätere Auseinandersetzungen eine höhere Rechtssicherheit darstellt.
Hilfe durch DGZRS
Einsätze zur Rettung aus Seenot, die bei einer unmittelbaren Gefährdung von Schiff und/oder Besatzung gegeben ist, sind übrigens immer kostenlos. Wenn die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) allerdings in einer gefahrlosen Situation um eine technische Hilfeleistung, wie zum Beispiel eine Schlepphilfe, gebeten werden, erbittet die DGzRS bei einem Einsatz bis zu einer Stunde Dauer eine anteilige Erstattung ihrer Betriebskosten in Höhe von 200 Euro, maximal jedoch 400 Euro.
Keine Hilfe in Sichtweite?
Informieren Sie sich am besten schon im Vorwege, welche Nummern Sie im Notfall wählen können. Wer küstennah unterwegs ist, kann zum Beispiel den DLRG oder die Wassersportpolizei anrufen. Auf kleineren Flüssen lohnt eine Vorab-Internetrecherche nach in der Nähe befindlichen Anlaufstationen.