Achtung, Wintersturm!
Sich auf Nässe, Wind und Kälte gut vorzubereiten, gehört zum Überwintern dazu. Jedoch sollte man sich nicht nur auf die zu Beginn der Winterpause geleistete Arbeit verlassen. Gerade im Angesicht akuter Unwetterwarnungen ist es ratsam, mit erneuten Checks Schäden vorbeugen.
Boote im Freilager gehören in vielen Marinas längst dazu. In den windgeschützten Hallen stehen ohnehin zumeist nicht genug Plätze zur Verfügung. Was im Sommer als Liegeplatzmangel bemerkbar ist, zwingt so manche im Winter unfreiwillig ins Freilager. Andere wiederum sind so hartgesotten, dass sie sich die Möglichkeit offen halten wollen, auch im Winter den ein oder anderen Törn zu unternehmen. Frei nach dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter. Nur die falsche Kleidung.
Ob unfreiwillig oder nicht, jedem sollte klar sein, dass ein Boot im Freien wesentlich größeren Umwelteinflüssen ausgesetzt ist als in einer Halle. Neben Wind, Kälte und Feuchtigkeit sorgt vor allen Dingen die UV-Strahlung dafür, dass das Materials auch im Winter weiter altert. Das ist jedoch kein Grund zum Verzweifeln, denn mit der richtigen Vorbereitung lässt sich den meisten Herausforderungen ganz einfach begegnen. Wie genau das Boot winterfest gemacht wird und wie die Vor- und Nachteile der einzelnen Winterlagertypen aussehen, erfahren Sie zum Beispiel auf unserer Website, in den bekannten Fachmagazinen oder von der Werft Ihres Vertrauens.
Wer jedoch Boot oder Yacht nach getaner Arbeit bis zum nächsten Frühjahr dem eigenen Schicksal überlässt, unterschätzt die Gefahr durch die sich mehrenden Extremwetterereignisse. Stürme wie zuletzt Orkantief Zeynep zeigen Schwachstellen bei der Lagerung schonungslos auf. Folgende Tipps sollten deshalb unbedingt beherzigt werden.
Sturmvorbereitung im Freilager
Eignerinnen und Eigner sollten sich mit den Belastungen auseinandersetzen, die während der Wintersaison auf ihr Boot einwirken. Die häufig obligatorische Plane zum Beispiel kann im Fall eines schweren Orkans für mehr Schaden als Schutz sorgen. Ist sie zu locker, können sich Wassersäcke bilden. Weiterhin können Scheuerstellen an Oberflächen oder Schäden durch umherschlagende Kauschen entstehen. Sie vergrößert zudem, genau wie das stehende Rigg bei Segelbooten und Segelyachten, die Angriffsfläche für den Wind deutlich. Gerade bei zweigeteilten Planen besteht die Gefahr, dass der Wind darunter greift und so enorme Kräfte auf das Boot einwirken. Bei der Verlegung der Plane ist entsprechend darauf zu achten, dass die dem Wind zugewandte Plane als letztes montiert wird. Auch Boote mit stehenden Riggs bieten dem Wind deutlich mehr Widerstand. Neben der Gefahr durch umherschlagende Fallen, gelöste Schäkel oder sogar strukturellen Schäden durch zu lockere Wanten, können entstehende Schwingungen dazu führen, dass sich Keile langsam verschieben. Im schlimmsten Fall rutschen Boot oder Yacht dann beim nächsten schweren Sturm aus dem Bock. Dass angeschlagene Segel in jedem Fall zu vermeiden sind und der Baum bei einem stehenden Rigg ausreichend gesichert sein muss, versteht sich von selbst.
Zusätzliche Vorkehrungen für Boote und Yachten im Wasser
Ein Boot im Wasser bedarf im Winter genauso viel Sorgfalt wie in der Sommersaison. Das gilt vor allen Dingen bei angekündigtem Schwerwetter. Doppelte oder entsprechend dimensionierte Leinen sorgen für die nötige Sicherheit. Dabei ist zu beachten, dass auch die stärkste Klampe irgendwann nachgibt. Druckpunkte auf das Boot sollten also entsprechend verteilt werden. Zusätzliche Fender an Bord sollten zur Standardausrüstung gehören. Diese können bei drohendem Sturm ausgebracht werden, um sich vor Beschädigungen durch Steg oder Nebenlieger zu schützen. Ein weiterer Punkt, der einiger Sorgfalt bedarf, sind die Cockpitlenzer. Sind diese durch Laub, Teile der Plane oder andere Dinge blockiert, droht ein entsprechend starker Niederschlag das Boot sinken zu lassen oder zumindest Teile der Kajüte zu überfluten. Zuletzt sollte geprüft werden, welche Auswirkungen das prognostizierte Unwetter auf die Wassertiefe im Hafen haben könnte. Während Orkantief Zeynep an der Nordsee für Sturmflut sorgte, brachte es an der Ostsee zum Teil extremes Niedrigwasser. Ist eine Grundberührung zu befürchten, sollte das Boot an einen anderen Liegeplatz mit geeigneter Wassertiefe verholt werden. In jedem Fall müssen die Leinen an die steigenden oder sinkenden Wasserstände angepasst werden, falls sie nicht über genug Spielraum verfügen.
Mit stehendem Rigg durch den Winter?
Axel zu Putlitz-Lürmann, Leiter der Pantaenius Schadenabteilung in Hamburg, rät Eignern zur Vorsicht: „Natürlich muss am Ende jeder selbst entscheiden, wie er sein Boot durch den Winter bringen möchte. Der Trend hin zum stehenden Rigg ist basierend auf unserer Erfahrung jedoch insofern bedenklich, als dass sich die obligatorischen Checks im Winter und Frühjahr nicht oder nur unzureichend durchführen lassen. Auch, wenn es Kosten und Mühe spart: Ob der Mast hält, sollte nicht dem Zufall überlassen werden. Regelmäßige Riggchecks sind nicht nur Investition ins Boot, sondern im Zweifel Lebensversicherung für die Menschen an Bord.