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17.05.2019
Prävention | Wartung & Technik

Der Weg des geringsten Widerstands

Das offene Wasser ist nicht gerade ein günstiger Ort, um von einem Gewitter überrascht zu werden. Auf einem Segelschiff ist der Mast oft das höchste Objekt weit und breit, und ein Blitz sucht sich zumeist den höchsten Punkt in seiner Umgebung aus. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Segelboot von einem Blitz getroffen wird, recht gering – Panikmache wäre also unangebracht, trotzdem sind die Chancen und das Schadenpotenzial groß genug, um sich mit dem Thema eingehender zu beschäftigen, wie Axel zu Putlitz-Lürmann, Schadenexperte des Versicherungsspezialisten Pantaenius erläutert.

Während die Anwendung von Blitzschutzanlagen für Gebäude weit verbreitet ist, steckt sie in der Sportschifffahrt noch in den Kinderschuhen. Anders als Großyachten, die häufig gemäßen Klasserichtlinien gebaut werden und demnach standardmäßig mit einem entsprechenden Schutzsystem ausgerüstet sind, verfügen Serienyachten in der Regel über keinen speziellen Schutz. Verbindliche Normen und Richtlinien für Blitzschutzanlagen auf Yachten gibt es nicht. Es liegt also am Eigner selbst, sich um entsprechende Schutzvorrichtungen zu kümmern. Und das ist für einen Laien kaum zu bewerkstelligen.

„Der Blitzschutz für eine Yacht ist ein sehr komplexes Thema, das viel Fachwissen voraussetzt“, so zu Putlitz-Lürmann. „Es gibt zwar Fachliteratur aus den verschiedensten Bereichen, aber eine effektive Nachrüstung auf Yachten ist immer schwierig, aufwendig und unter Umständen sehr kostenintensiv.“ Da die Yachten heute viel stärker als früher mit umfangreicher Navigationselektronik und Bordtechnik ausgestattet sind, kann sich die Investition trotzdem lohnen. „Hatten vor 20 Jahren viele Eigner nur wenig elektronische Ausrüstung wie Ukw-Seefunk, Logge, Echolot und ein Wetterfax als Stand-alone-Geräte an Bord, sind die Yachten heute vollgestopft mit Hightech – zum Beispiel GPS, Seekartenplotter, AIS, Autopilot, Satellitenkommunikation, Radar, Fishfinder und Entertainment-Systeme. „Das Verheerende: Zumeist sind viele oder gar alle Geräte über ein Bussystem miteinander verbunden. Bei einem Blitzeinschlag kann der Blitzstrom durch das gesamte Netzwerk rauschen und sämtliche Geräte beschädigen“, schildert der Schadenexperte von Pantaenius.

Aber nicht nur die technischen Geräte sind gefährdet. Auch strukturelle Schäden am Boot bis hin zum Totalverlust können durch einen Blitzeinschlag verursacht werden. „Ein Blitz sucht sich den Weg des geringsten Widerstands zum Erdpotenzial. Trifft er aber auf einen solchen Widerstand, dann können Masten bersten, Ruderblätter gespalten und Rumpf- oder Kielverschalungen regelrecht weggesprengt werden“, berichtet zu Putlitz-Lürmann, der schon zahlreiche Blitzschäden begutachtet hat.

Ob ein Blitz einschlägt, kann durch eine Blitzschutzanlage nicht beeinflusst werden. Allerdings können durch Blitzschutzmaßnahmen der Einschlagpunkt und der Weg des Blitzstroms durch die gezielte Ableitung und Erdung kontrolliert werden. Die Stromstärke eines Blitzes liegt in der Regel bei 20.000 bis 50.000 Ampere, in Ausnahmefällen bis zu 100.000 Ampere, schon 0,3 Ampere können tödlich sein. Diese gewaltige Stromstärke muss über ausreichend dimensionierte Leiter auf dem einfachsten, schnellsten und kürzesten Weg ins Wasser geleitet werden. Bei Stahl- und Aluminiumyachten kein großes Problem. Bei Holz- und GFK-Schiffen wird es da schon schwieriger.

Eine einfache, aber eher behelfsmäßige Lösung ist ein System, das aus Kupferleitern und Klemmvorrichtungen besteht, die am Mast, an den Wanten und Stagen befestigt werden können. Die freien Enden der Kabel werden ca. 1,50 Meter tief ins Wasser gehängt, um den Blitz dorthin abzuleiten. In der Theorie hört sich das logisch an, aber ein umfassender Schutz kann damit sicher nicht gewährleistet werden. Denn das Verhalten eines Blitzes ist sehr komplex – er teilt sich, schlägt über und kann sogar aus dem Wasser zurück an Bord gelangen. Hinzu kommt die Gefahr eines Blitzeinschlags von außen, typischerweise über den Landstromanschluss im Hafen, der direkt in die Elektroanlage schlägt und diese beschädigt. Fazit: Wer darüber nachdenkt, einen effektiven, umfänglichen Blitzschutz für seine Yacht zu realisieren, sollte sowohl bei Neubauten als auch bei der Nachrüstung von Gebrauchtbooten einen Fachmann zurate ziehen.

Wie auch immer der Blitzschutz auf Ihrer Yacht aussehen mag. An erster Stelle sollte in jedem Fall die Sicherheit für Leib und Leben stehen: Bei einem nahen Gewitter gilt es deshalb, bestimmte Maßnahmen zu beherzigen:

  • Wenn möglich den nächsten Hafen anlaufen oder eine schützende Bucht aufsuchen
  • Badende umgehend das Wasser verlassen
  • Angelrouten einholen
  • Wenn möglich unter Deck gehen, andernfalls nicht an Deck stehen, sondern möglichst tief mit geschlossenen Beinen ins Boot (Cockpit) hocken, Schuhe mit Gummisohlen tragen
  • Berührung mit Metallteilen (Wanten, Reling, Heckkorb usw.) vermeiden, keinesfalls an der
  • Ankerkette hantieren
  • Im Hafen Landstromverbindung trennen
  • Hauptschalter ausschalten, wenn möglich Netzstecker und Antennenstecker von elektrischen und elektronischen Geräten ziehen, ebenso Kabelverbindungen zu Empfängern am Masttopp trennen
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