Überwintern im Wasser
Viele Boote und Yachten sehen sich im Herbst ins Trockene manövriert. Warm anziehen, heißt es nun für jenen harten Kern, der die kalten Monate am Steg verbringt. Denn auch wenn der Liegeplatz im Wasser an Beliebtheit gewinnt, ist eine sorgfältige Vorbereitung geboten.
Immer mehr Eigner ziehen in Erwägung, ihr Boot oder ihre Yacht auch während der kalten Wintermonate im Wasser zu lassen. Kein Ein- und Auskranen, mehr Flexibilität und niedrige Liegeplatzkosten - Vorteile, die bei dieser Entscheidung mitunter eine Rolle spielen. „Diese Variante des Überwinterns sollte jedoch gut überlegt sein“, betont Holger Flindt, Leiter der Schadenabteilung bei Pantaenius Yachtversicherungen. „Wer sich in der kalten Jahreszeit die Option fürs Bootfahren offenhalten möchte, ist regelmäßig am Steg vor Ort und hat sein Schiff im Blick. Ein Schiff, das jedoch nur aus Kostengründen im Wasser verbleibt und selten bis gar nicht besucht wird, leidet unter den äußeren Witterungseinflüssen sehr schnell.“
EIN GEEIGNETER LIEGEPLATZ
Allgemein wiegt sich ein Boot im Hafenbecken nicht unbedingt in Sicherheit, denn auch ein milder Winter kann phasenweise Sturm und Frost mit sich bringen. Der gewählte Liegeplatz sollte daher winterfest, d.h. vor Wind und Wellen gut geschützt sowie keinem Schwell, keiner starken Strömung und vor allem keinem Eisgang ausgesetzt sein“, erklär t Holger Flindt. „Im Übrigen bietet nicht jeder Hafen Winterliegeplätze im Wasser an. In einigen Häfen werden die Stege während der kalten Jahreszeit sogar aus dem Wasser geholt. Ob der jeweilige Hafen also ganzjährig geöffnet hat und auf welche Häfen alternativ ausgewichen werden kann, gilt es rechtzeitig herauszufinden.“ Daneben spielt die Infrastruktur des gewählten Hafens beim Überwintern im Wasser eine entscheidende Rolle. „Besonders wichtig ist das Vorhandensein eines ganzjährigen Landstromanschlusses, denn nur so kann während besonders kalter Perioden dauerhaft für Frostfreiheit an Bord gesorgt werden. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass gefrierendes Wasser Ventile beschädigt und Boote sowie auch Yachten daraufhin sinken. Armaturen, Rohrleitungen und Ventile, die sich im Inneren des Schiffes oberhalb der Außenwasseroberfläche befinden, sind besonders gefährdet. Soll ein Schiff also für Törns oder gar zum Wohnen einsatzbereit bleiben, dürfen die Temperaturen an Bord nicht unter den Gefrierpunkt fallen.
Der Einsatz eines Heizkörpers könnte in diesem Zusammenhang sinnvoll sein. Elektrische Radiatoren zum Beispiel, die für den Dauerbetrieb geeignet und mit einem Thermostat ausgerüstet sind, verhindern bereits auf niedriger Stufe, dass gefrierendes Wasser Schläuche, Leitungen oder Tanks beschädigt. Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch der Landstromanschluss. Und dieser ist nicht in jedem Hafen vorhanden bzw. wird an Stegen kleinerer Marinas auch gerne mal abgeschaltet. Eigner sollten sich über die Gegebenheiten vor Ort daher frühzeitig informieren.“ Für den Fall, dass keine Landstromversorgung vorhanden oder die Versorgung zu unsicher ist, muss dafür gesorgt werden, dass in Rohren oder Schläuchen befindliches Wasser nicht gefrieren kann und diese zum Platzen bringt. Oberhalb der Wasserlinie befindliche Schläuche empfiehlt es sich im Zweifel abzunehmen, unterhalb der Wasserlinie befindliche mit (umweltfreundlichem!) Frostschutzmittel zu befüllen. Auch die Maschine sollte bei Minusgraden zumindest entwässert oder mit Frostschutz gespült werden.
Bestimmte Arbeiten am Schiff, vor allem am Unterwasserschiff, sind im Wasser übrigens nur eingeschränkt möglich. Wer im Frühjahr also einen neuen Antifouling-Anstrich oder sonstige Wartungsarbeiten plant, sollte sich nach Kran- oder Slipmöglichkeiten auf dem Hafengelände erkundigen.
RICHTIG EINWINTERN
Ist die Entscheidung für einen Winterliegeplatz im Wasser erstmal gefallen, folgt die ordnungsgemäße Vorbereitung des Schiffes. „Wer in regelmäßigen Abständen am Steg vorbeischaut und sein Boot oder seine Yacht den Winter über nutzt, hat neben den allgemeinen Sorgfaltspflichten zunächst keine größeren Vorbereitungen zu treffen, als das Schiff am Liegeplatz mit ausreichend Fendern, Leinen und einer Plane zu sichern und die Wetterprognosen im Blick zu behalten“, erklär t Holger Flindt. „Anders sieht es jedoch aus, wenn das Boot oder die Yacht den ganzen Winter über am Steg verbleibt und erst im Frühjahr wieder zum Einsatz kommen soll. In diesem Fall sollte das Schiff gründlich eingewintert werden. Nicht nur um Langfingern einen Strich durch die Rechnung zu machen, sondern auch um Schimmel vorzubeugen und empfindliche Geräte wie Elektronik oder Außenbordmotoren vor niedrigen Temperaturen zu schützen. Sämtliche Ausrüstung, die nicht niet- und nagelfest ist, sollte deshalb demontiert, von Bord genommen und frostsicher gelagert werden. Feuchte Luft in Kombination mit Frost lässt nichts unbeschadet und jegliche Ausrüstungsgegenstände, ob Segel, Persenninge oder die Sprayhood, erfahren unter freiem Himmel einen deutlich schnelleren Verschleiß.“ Einwintern heißt weiterhin, den Anker und die Kette zu reinigen, empfindliche Holzgegenstände an Deck mit einer Plane zu schützen und unter Deck befindliche Polster aufzustellen oder trocken an Land zu deponieren. Auch die Bilge sollte entleert, Schrank- und Schapptüren geöffnet sowie an Bord befindliche Batterien vollständig
geladen werden.
ACHTUNG, „TROPFSTEINHÖHLE“!
Wenn es kälter wird, lauert ein großer Feind des Bootes in der Luft. Feuchtigkeit kann große Schäden unter Deck anrichten und sogar die Gesundheit gefährden. Ob und wie viel Feuchtigkeit sich unter Deck sammelt, hängt von mehreren Faktoren ab. Schimmel, Spark und Muff sind schlimmstenfalls die Folge, weshalb es wichtig ist, entsprechend vorzusorgen. In der Praxis bewähren sich hierfür verschiedene Methoden. Die einen verriegeln ihr Schiff nahezu wasserundurchlässig und bringen unter Deck zahlreiche Luftentfeuchter in Stellung, andere wiederum erachten eine durchgängige Zwangsbelüftung an Bord für sinnvoller. Ähnlich wie beim Stoßlüften in der Wohnung oder im Haus bleiben in diesem Fall möglichst viele Luken einen Spalt geöffnet, sodass Luft unter Deck ausreichend zirkulieren kann. Der ungünstige Nebeneffekt hierbei ist jedoch, dass stetig neue Feuchtigkeit in das Innere des Schiffes gelangen kann. „Wer Feuchtigkeit filter t und gleichzeitig für einen möglichst großen Luftaustausch sorgt, sollte die Behälter des Luftentfeuchters auf jeden Fall regelmäßig leeren. Ansonsten kann es passieren, dass Wasser dann doch irgendwann an der kalten Rumpfwand kondensiert, ungehalten in die Bilge fließt und Schimmel nach sich zieht“, betont Holger Flindt. „Natürlich kann auch auf ein Heizgerät zurückgegriffen werden, um zu verhindern, dass sich Luftfeuchtigkeit an den Oberflächen absetzt. Der Energieaufwand bei diesem Vorhaben sprengt jedoch jegliche Dimensionen.“